Schönheit
[09-2015 / German / 381 words]
„Schau dir die Risse im Asphalt an – die Abstände folgen beinahe dem goldenen Schnitt. Und dieser Geruch – ist das verrottender Fisch? Da muss ich immer ans Meer denken.“
„Ich hasse Optimisten. Lass mich mit deinem Scheiß in Frieden.“
„Du hast einen sehr direkten Duktus – ich mag das.“
[Faust auf Gesicht]
„Gibst du jetzt Ruhe?“
„Guter Schlag.“
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„Meine Güte, sieht das aus hier. Der hat seinen Kopf ja im halben Raum verteilt.“
„Ich finde das eigentlich ganz nett – die Spritzer bilden immer so lustige Muster.“
„Aber du willst mir jetzt nicht ernsthaft erzählen, dass du das lieber hast, als eine friedliche Tablettenüberdosis?“
„Na ja – wenn man die zu spät findet, wird es auch mühsam.“
„Aber das ist ja wohl kein Argument. Es ist immer mühsam, wenn man zu spät dran ist.“
„Außer Pulsader in der Badewanne. Das ist auch noch nach einem Monat leicht zu entfernen.“
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Eine Ameise knabbert an einem Blatt. Eine Heuschrecke schnappt sich die Ameise. Ein Spatz verfüttert die Heuschrecke an seine Jungen. Ein Marder frisst die Vogelfamilie. Ein Adler holt sich den Marder.
„Schau, wie ruhig es hier ist.“
„Ja, und so friedlich.“
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„Was machst du eigentlich den ganzen Tag?“
„Ich…“
„So fett wie du bist, frisst du wohl dauernd Eiscreme.“
„Aber…“
„Die Frühlingskollektion kannst du vergessen!“
„Aber ich…“
„Halts Maul!“
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„Du hast aber zackige Fühler“, stellt die Gottesanbeterin fest.
„Danke… heißt das… du findest mich lecker?“
„Und wie! Zum Anbeißen gut.“
„Meine Beine sind übrigens sehr knusprig.“
„Glaub mir, das sieht man. Du bist ein richtiger Leckerbissen.“
„Aber ich hoffe, du meinst es auch ernst?“
„Zier dich nicht so – komm zu mir. Ich hab dich zum Fressen gern.“
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„Sehen Sie mal – das Projektil beschreibt eine perfekte Parabel. Am Hochpunkt wird die Ladung freigegeben – genau jetzt - und findet dann punktgenau ihr Ziel.“
„Das glitzert ja richtig – wie ein Sprühnebel.“
„Ja, die einzelnen Systeme orientieren sich gerade. Gleich fallen sie wie Sterne vom Himmel, warten Sie nur einen Moment.“
„Wahnsinn, das ist ja wie zehn Sonnenaufgänge auf einmal.“
„Ich persönlich muss da immer an Rosenblüten denken – die entfalten sich und verwelken gleich wieder. Alles ist vergänglich.“
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„Ich nehme 60 Stück.“
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„Bin ich schön?“, fragt das Blatt.
„Es ist Herbst. Du bist rostig und wirst fallen.“
„Dann bin ich also schön?“